#10 DAZN macht weiter Dampf + Final Hits
Nach dem ich mich zuletzt in ausführlicherer Form mit der Zukunft der Major League Soccer beschäftigt habe (Part #1 & Part #2) und dabei auch einen Ausflug in die englische Sprache gemacht habe, möchte ich mich nun kurz zu einigen Entwicklungen in den letzten Wochen rund um DAZN äußern. Zum Abschluss gibt es wieder das Segment der Final Hits - mehrere Themen, ein Satz pro Thema: Twitter-Style.
Without further ado, let’s get started:
#1 DAZN und die NFL - eine neue Traumpartnerschaft?
Die Partnerschaft zwischen DAZN und der NFL erhält immer mehr Substanz: Zunächst konnte sich der Senkrechtstarter des OTT - Bereichs Anfang August ein noch umfangreicheres Rechtepaket der nordamerikanischen Profiliga (inkl. 24/7 NFL Network, NFL RedZone sowie weitere einzelne Live-Spiele) im Vergleich zum Vorjahr sichern. Zudem wird die britische Perform Group zukünftig die Vermarktung des NFL League Pass in einer Vielzahl an Territorien außerhalb der USA und Europas (u.a. Kanada (durch Eigenverwertung) und Mexiko) verantworten.
Nun meldete sich DAZN mit einer weiteren Nachricht: In ihren internationalen Märkten fokussierte sich die NFL bisher auf die digitale Distribution ihres Produkts. Somit war “digital-only” DAZN ein idealer Partner - war die NFL in vielen Märkten sowieso noch nicht im TV etabliert und eher ein Produkt für Hardcore-Fans in der Nische. Nun hat DAZN aber die exklusiven (!) Rechte an der Liga für die nächsten fünf Jahre in einem Markt erworben, in dem die NFL eine absolute Konstante im linearen Fernsehen war: Kanada. In dem riesigen Land nördlich der USA ist die NFL im Vergleich zu anderen internationalen Märkten fest im Mainstream etabliert und nahezu alle Spiele waren bisher im TV (FTA oder Pay-TV) zu empfangen. Kanada wurde von Anfang an neben der DACH-Region und Japan als eines ersten Länder, in dem DAZN empfangbar sein sollte, kommuniziert und jetzt folgte mit dem Start der NFL Pre-Season der Launch. Somit hält DAZN umfangreiche Rechte an der NFL in zwei der fünf größten internationalen Märkte für die nordamerikanische Liga.
Abgesehen davon, dass bereits im Vorfeld viel Unmut über den plötzlichen “digital-only” - Ansatz der NFL in Kanada geäußert wurde, half der nun erfolgte holprige Start (u.a. massive Bild- und Tonprobleme, enorme Zeitverzögerungen, limitierter Funktionsumfang der OTT-Plattform sowie Unmutsäußerungen über die Fachexpertise der Kommentatoren) sicherlich nicht, um im Ansehen des kanadischen Zuschauers zu steigen:
(Auswahl von vielen weiteren negativen Kommentaren bezüglich DAZN ersten Wochen in Kanada)
Über die neue “Pay- und Digital - Wall” konnte auch die von DAZN durchaus bekannte aggressive Preisstrategie nicht hinwegtrösten: Vor kurzem konnte DAZN für den kanadischen Markt eine sehr umfangreiche Sublizenz von BeIN Sports erwerben. Somit können kanadische Kunden für CAD 20 (ca. EUR 14,00) pro Monat oder alternativ CAD 150 (ca. EUR 105,00) pro Jahr neben der NFL als absolutes Premium-Recht in Nordamerika zusätzlich Highlights aus den europäischen Top-Fußballligen (u.a. La Liga, Ligue 1 und Serie A) sowie Live-Übertragungen der UEFA Champions League, Europa League, WM-Qualifikation und einer Vielzahl anderer Sportarten bekommen. Zum Vergleich: Bisher zahlten die (nun verärgerten) kanadischen Kunden allein für den NFL Game Pass mindestens CAD 300 plus das ein oder andere TV-Paket der verschiedenen Kabelanbieter (jeweils CAD 30-40), die jeweils für NFL Primetime - Spiele benötigt wurden.
Anscheinend scheint Kanada zudem nur der Anfang der Ausspielung des NFL Game Pass über die eigene DAZN - Plattform für die Perform Group zu sein. Alex Rice (DAZN Managing Director for Rights & Strategic Development): “We have actually acquired Game Pass for next season (2018) in a number of other territories, but we’re going to be live one year in advance in Canada.” Spätestens bis zu diesem größeren Roll-Out in mehreren Ländern im kommenden Jahr sollte man den Großteil der derzeitigen Probleme behoben haben - auch wenn die Pre-Season zumindest in Kanada nicht ausgereicht hat, um alle Probleme zu lösen. Gleichzeitig muss man wohl nicht damit rechnen, dass man auf ein derart kritisches und verwöhntes Publikum trifft. Wenn man nochmal auf die größten internationalen Märkten (außerhalb von Europa und den USA) schaut, dürften die potenziellen Rechte am NFL Game Pass in Territorien wie Südkorea, Saudi-Arabien und Australien durchaus interessant sein. Besonders dem südkoreanischen Markt könnte durch eines der neuesten Mitglieder der NFL ein weiterer Push bevorstehen.
Meine Prognose bezüglich der DAZN Expansion: Wir werden den OTT-Service innerhalb der nächsten 1-2 Jahre in über 10 Ländern sehen.
#2 Mayweather vs McGregor for Free auf DAZN?
Um den kostspieligen Erwerb zahlreicher Sportrechte in letzter Zeit nun auch refinanzieren zu können, bedarf es natürlich eine Menge Abonnenten um das derzeit noch defizitäre Geschäft in die Gewinnzone zu bringen. Aus diesem Grund kündigte DAZN zuletzt eine enorme Marketingoffensive an. Wer nun aber ausschließlich an Banner- oder Out-of-Home Plakatwerbung denkt, hat sich bei DAZN getäuscht, denn den neulich übertragene “Jahrhundert-Kampf” zwischen Floyd Mayweather und Connor McGregor kann man durchaus auch unter diese Kategorie abstempeln.
DAZN hatte seinen Abonnenten den Kampf ohne zusätzliche Kosten zur Verfügung gestellt. Wenn man dann noch den kostenlosen Probemonat berücksichtigt, den der OTT-Provider mit Sitz in München potenziellen Neukunden anbietet, war das Event aus der T-Mobile Arena in Las Vegas, NV sogar für jedermann kostenlos verfügbar. Im internationalen Vergleich fällt schnell auf, dass die von DAZN gewählte Option eher unüblich war und dass teilweise auch in nicht-amerikanischen Märkten stolze Summen für das One-Time Event aufgerufen wurden.
Dabei kann man nicht davon ausgehen, dass sich DAZN die Rechte zum Schnäppchenpreis gesichert hat, da es mit ran FIGHTING und Sky Deutschland durchaus ernsthafte Konkurrenz für die Rechte an dem Jahrhundertkampf gab. Zum Vergleich: In Großbritannien konnte sich im Wettbieten um die Rechte letztendlich Sky UK gegen BT Sports und ITV durchsetzen. Zum Gefallen von Sky UK knackte der Fight dann mit über einer Million PPV-Buys auch den bisherigen Rekord in Großbritannien. Somit kann man mit einer Refinanzierung der Rechte in Höhe von mindestens GBP 20m rechnen und dabei sind Werbe- und Sponsorengelder noch nicht einmal berücksichtigt. Auch wenn Großbritannien sicherlich eine relevanterer Markt für Boxen oder MMA als Deutschland ist, bietet dieser Vergleich einen Richtwert, was sich DAZN die Rechte wahrscheinlich hat kosten lassen - ohne direkte Refinanzierungsmöglichkeiten.
Ein letzter Punkt: Auch bei der Kommentatorenbesetzung klotzte DAZN mehr als es kleckerte: Mit Wladimir Klitschko an der Seite von DAZN-Kommentator Jan Platte hat man sich auch hier für die (wahrscheinlich sehr kostspielige) Premium-Lösung entschieden.
#3 DAZN bei den Online Marketing Rockstars im Podcast
Bisher beschränkten sich die (seltenen) öffentlichen Auftritten von Personen aus dem Hause DAZN fast ausschließlich auf deren Chef James Rushton. Umso erfrischender fand ich den Auftritt von DAZN Marketing-Direktor DACH-Region Benjamin Reininger beim OMR Podcast mit Philipp Westermeyer Ende August. Insgesamt kann ich jedem, der sich ein wenig für DAZN und prinzipiell für die aktuelle Medienlandschaft im Sport interessiert, diese Episode empfehlen. Drei sehr interessante Take-Aways, die mir in Erinnerung geblieben sind:
1 - Hintergrund von “Da Zone”
Mit der DACH - Region hatte man beim neugegründeten Streaming-Anbieter schnell den (anfänglichen) Fokus des Streaming-Anbieters ausgemacht war. Durch den Erwerb der Übertragungsrechte an der britischen Premier League ab der Saison 2016/2017, die bis dahin Sky Deutschland besaß, hatte man Mitte 2016 hierzulande auch schnell erstmals auf sich aufmerksam gemacht. Dass man sich aber nicht auf diese drei Länder beschränken wollte, zeigte der Erwerb der exklusiven nationalen Rechte an der japanischen J-League im Juli 2016 für die nächsten 10 Jahre für umgerechnet ca. USD 200m pro Jahr - mehr als das Vierfache im Vergleich zum vorherigen Deal der japanischen Fußballliga mit SKY Perfect. (Auch in Japan hatte DAZN ähnlich wie in Kanada anfänglich mit enormen technischen Problemen zu kämpfen.) Was jedoch in beiden Territorien für unerwartete Probleme sorgte, war die Aussprache der bis dahin unbekannten OTT-Plattform. Im Podcast merkte der DAZN Marketing-Direktor an, dass die Aussprache des Namen (“Da Zone”) vor dem Hintergrund der langfristig globalen Aktivitäten gewählt wurde und man einen Firmennamen haben wollte, der weltweit wiedererkannt und verstanden wird. Nun hätte man damit rechnen können, dass der deutschsprachige und japanische Markt nicht die einfachsten Pflaster für dieses Vorhaben sein werden, aber auch in Kanada gab es nach meinen Beobachtungen (u.a. Twitter, Reddit) noch einigen Erklärungsbedarf.
2 - Periodische Sportrechte kein Thema bei DAZN
Zudem stellte Reininger klar, dass periodische Sportrechte wie eine Fußball-Weltmeisterschaft mittelfristig keine Rolle in den internen Planung von DAZN spielen würde. Erklärt wurde diese Entscheidung mit dem Umstand, dass es durch den angebotenen Gratismonat, der wohl auch langfristig beibehalten werden soll, potentiellen Kunden ermöglicht werden würde, eine Fußball-WM ohne jeglich Kosten zu verfolgen. Einen Umstand mit dem man sich beim Kampf zwischen McGregor und Mayweather offensichtlich abgegeben hat. Gleichzeitig würde man bei den Rechten an einer Fußball-WM aber auch eher bei dem Zehnfachen dessen landen, was man zuletzt für den Boxkampf wohl aufgebracht hat. In diesem Fall wäre eine fehlende direkte Refinanzierung sicherlich schwerer zu verkraften. Was ich persönlich jedoch nicht ausschließen würde, wäre ein Erwerb einer Sublizenz vom Hauptlizenzinhaber - vielleicht schon zur WM 2018 in Russland. Die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF haben sich in der jüngeren Vergangenheit vor dem Hintergrund der veränderten Medienlandschaft bereits offener gegenüber dieser Option gezeigt - zuletzt war dies im Fall der WM 2014 mit RTL oder Sky Deutschland als potenzielle Lizenznehmer jedoch gescheitert.
3 - Password-Sharing als Problem?
Im Podcast wurde auch das weit verbreitete Problem des Passwort-Sharings angesprochen. Diese Problematik betrifft nicht nur DAZN sondern im Prinzip alle Anbieter von SVOD - Diensten wie Netflix, SkyGo, Amazon und viele mehr. Grundsätzlich zeigt sich DAZN bereits sehr kulant, denn mit einem Abonnement können bis zu zwei Personen unabhängig von Ort und Gerät die Streaming-Plattform nutzen. Reininger erklärte zudem, dass man auch in Zukunft plane, diese Regelung beizubehalten und auch nicht aggressiver gegen das Teilen von Passwörtern vorgehen zu wollen. Die Strategie dahinter: Bei DAZN rechnet man damit, dass diese (Teilzeit-)Nutzer letztlich zu vollwertigen Kunden konvertiert werden können und ein eigenes Abonnement abschließen werden.
The Bottom - Line
In Deutschland hat DAZN nach anfänglichen Startproblemen meiner Meinung nach mittlerweile ein sehr attraktives Produkt am Start - sowohl in Bezug auf die akquirierten Programmrechten, der technologischen Plattform als nicht zuletzt auch dem mittlerweile sehr günstig erscheinenden Preis für das monatlich kündbare Abonnement. Es ist weiterhin spannend um das Projekt “DAZN” und das wird wohl auch in absehbarer Zeit so bleiben, wenn man bedenkt, dass die Perform Group das gesamte Unterfangen auf 10 - 12 Jahre ausgelegt hat. Gleichzeitig darf man auch nicht vergessen, dass die Perform Group neben ihrer derzeit noch unprofitablen “OTT” Division mit Perform “Content” (u.a. Opta, Omnisport) und Perform “Media” (u.a. Goal.com, Spox.com, Goal Studios) durchaus valide und ertragreiche Plattformen im Portfolio hat. Auch diese Divisionen scheinen sich nicht auf ihren Lorbeeren auszuruhen, sondern akquirieren weiterhin kräftig neue Kunden. Zu Guter Letzt gibt es auch immer noch den reichsten Mann Großbritanniens Leonard Blavatnik, der im Jahr 2014 mit seinem Investment-Konglomerat Access Industries die Mehrheit der Anteile an der Perform Group übernommen hatte.
#4 Final Hits
Dass Nordamerika in Sachen Monetarisierung von Naming Rights Europa einen ganzen Schritt voraus ist, beweist mal wieder der nun verkündete Deal von Kanadas drittgrößten Bank Scotiabank mit dem Eigentümer der Toronto Raptors (NBA) und Toronto Maple Leafs (MLB) (Maple Leaf Sports & Entertainment) für die Namensrechte an deren Downtown-Arena für die nächsten 20 Jahre und jährlich ca. USD 33m (+ 700% im Vergleich zum vorherigen Deal mit Air Canada) - Hauptgrund: Nordamerika hat es verstanden, Stadien und Arenen zu “year-round” Veranstaltungsorten von Sport-, Musik- und Entertainment-Events zu machen.
Nach dem das neue Formel 1 - Management um Liberty Media unlängst durchblicken ließ, dass man der Meinung sei, dass Ex-Boss Ecclestone besonders bei der Monetarisierung der Medienrechte eine Menge Potenzial ungenutzt gelassen hat, scheint Liberty Media nun ein präferiertes Modell bei der Rechtevergabe gefunden zu haben: Alle Rennen im Pay-TV bzw. OTT plus einzelne Rennen im Free-TV ("70:30 Model") - Frankreich könnte somit ein Vorbote für Deutschland sein, wenn die aktuellen Rechte von Sky Deutschland und RTL nach dieser Saison ablaufen und eventuell die Tür für die ARD durch ein kleineres Rechtepaket geöffnet wird.
In Bezug auf “die neuen Wettbewerber um Medienrechte im Sport” werden in der westlichen Welt die Nachrichten von Amazon, Google, Facebook & Co. dominiert, aber im fernen Osten entwickeln sich mit Tencent Sports (#NFL #NBA #FACup #SerieA #Ligue1) und der Alibaba Sports Group (#IOC #FIFA) die vielleicht in Zukunft noch viel relevanteren Tech-Unternehmen im Sports Business, die mit Wanda und LeSports die ursprünglichen Pioniere des “Crossovers von Tech und Sport” aus dem Reich der Mitte mittlerweile nicht nur überholt, sondern überrundet haben.
In Zeiten von immer weiter steigenden Werten von Sponsoren- und Medienrechtepaketen im Fußball gab es nun beim englischen FA Cup mal so etwas wie Stagnation: Namensgeber Emirates aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hat sein Engagement zur gleichen Bewertung wie im ursprünglichen Vertrag um drei weitere Jahre verlängert - ähnliche Trends kann man trotz versprochener Zurückhaltung von Seiten der Rivalen Sky UK und BT Sports bei den Medienrechten nicht beobachten.
Apropos “Medienrechte”: Ligen mit globaler Reichweite aus den USA wie die NFL oder NBA oder dem europäischen Fußball werden sich die Hände gerieben haben, nach dem herauskam, dass Facebook erstmals ernsthaft in ein (überraschend transparentes) Wettbieten um Premiumrechte im Sport (hier: Cricket Premier League im Land mit den zweitmeisten FB-Usern weltweit) eingestiegen war, denn das bedeutete eine Abkehr von vorherigen Aussagen von Facebook - Managern, dass man mittelfristig mit keinem Budget sondern nur einen Revenue-Sharing Modell für Live-Sport (#WSL #NBAinIndia #MLS) plant.
Wenn man sich mit der US-amerikanischen Medienlandschaft im Sport auseinandersetzt kommt man nur schwer um “OG Podfather” Bill Simmons und seinem The Bill Simmons Podcast im Besonderen vorbei und ich bin immer wieder von seinem Impact auf die komplette Industrie fasziniert: BS Podcasts können Aktienpreise stürzen lassen - nur eines von vielen Beispielen des Gewichts von Bill Simmons in Sports Media.
Die Medienunternehmen, die eigentlich die Berichterstattung über den Sport in den USA zur Aufgabe haben, bieten derzeit auch beste Unterhaltung abseits des Platzes durch ihren eigenen Sport: “Who can bash its competition best on Twitter?” - okay CBS macht es lieber direkt auf der Bühne.
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