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#4 NFL's News of the Week: Game Pass & Amazon

Abseits des Spielfelds kamen aus der NFL diese Woche zwei sehr interessante Nachrichten, auf die ich etwas genauer eingehen möchte: die neue Partnerschaft zur Vermarktung des überarbeiteten internationalen OTT - Streaming Services (NFL Game Pass) in Europa und der Report über die angestrebte Monetarisierung des für USD 50 Mio. erworbenen Thursday Night Packages durch Amazon.



#1 Neue Expertise für die digitale Expansion nach Europa


In einer vorherigen Ausgabe meiner Quick Hits habe ich mich gleichermaßen skeptisch als auch überrascht über das von der Perform Group erhaltene Mandat zur Vermarktung des NFL Game Pass für weniger attraktive Märkte außerhalb der USA und Europa geäußert. Mein Hauptpunkt war damals, dass das Vermarktungsgeschäft nicht gerade zu der Kernkompetenz der Perform Group gehöre und das Mandat anscheinend kein Involvement bei technologischen Aspekten beinhalte - was schon eher das Metier der Briten gewesen wäre. Die nun verkündete Partnerschaft der NFL mit Bruin Sports Capital und dem Werbe- und Marketinggiganten WPP widerspricht den bekannten Punkten der NFL/Perform - Zusammenarbeit auch in keiner Weise: Bruin Sports Capital und WPP bzw. deren Tochterunternehmen fokussieren sich auf 61 größtenteils europäische Territorien. Zentraler Bestandteil wird der geplante Launch eines komplett überarbeiteten NFL Game Pass sein, der mit einer jede Menge neuen Features daherkommen wird. Dabei soll der Schwerpunkt auf die Individualisierung gemäß der Bedürfnisse der einzelnen Märkte liegen. (Auch Deutschland darf sich wohl auf das neue Streamingangebot freuen.) Ob der überarbeitete OTT Service auch in Märkten außerhalb Europas (also Territorien, für die die Perform Group in Zukunft die Vermarktung übernehmen wird) verfügbar sein wird, wurde bislang noch nicht kommuniziert.




Was ich allerdings bemerkenswert finde, ist der unterschiedliche Ressourcenaufwand der NFL für die verschiedenen Märkte und zeigt deutlich, welches die priorisierten internationalen Zielmärkte der NFL derzeit sind. Mit der zu Bruin Capital Sports gehörenden Deltatre übernimmt eines der im Sport weltweit führenden Daten- und Technologieunternehmen die technologische Infrastruktur des OTT - Angebots. Damit holt sich die US-Liga jede Menge externe Expertise mit ans Bord. Das Gleiche gilt dank WPP und deren führenden Agenturen MEC aus London, OgilvyOne aus New York und der auf Sport spezialisierten Two Circles aus London auf der Vermarktungsseite. Die Vermarktungsfunktion, die bislang durch In-house Kapazitäten der NFL bedient wurde, erhält damit einen ordentlichen Boost. Für die an dem neuen Produkt und dessen Vermarktung beteiligten Unternehmen soll demnach sogar eigens eine neue, in London beheimatete Organisation gegründet werden. Dieser Umstand unterstreicht die Tragweite und langfristige Ausrichtung dieses Unterfangens und wirft für mich die Frage auf, ob die Perform Group das Vermarktungsmandat der NFL langfristig für sich beanspruchen können wird. Gleichzeitig muss man jedoch nochmals betonen, dass die NFL in Märkten wie China und Indien, die für andere Sportarten wie Fußball (d.h. Bundesliga, English Premier League, La Liga) oder Basketball (insbesondere die NBA) bereits eine enorme Bedeutung haben, noch weniger etabliert ist. Zwar sendet die Liga auch in diese Märkte ihre größten Stars um dort Fuß zu fassen, dennoch scheint für die NFL ein vergleichbares Investment wie für den europäischen Markt zum jetzigen Zeitpunkt nicht im Verhältnis zu stehen und man mit der Perform Group die sicherlich "kostengünstigere", aber wahrscheinlich nicht gerade langfristig ausgerichtete Alternative gewählt hat.


Zum Abschluss dieses Themas noch eine interessante Storyline, die mir im Rahmen der Recherche über den Weg gelaufen ist: Wenn mit Deltatre nun ein neuer Anbieter die technologische Infrastruktur des NFL Game Pass übernimmt, habe ich mich gefragt, welches Unternehmen das Mandat stattdessen verloren hat. Bei diesem Unternehmen handelt es sich um NeuLion Inc. aus New York. Das Unternehmen war einer der First Mover im Bereich der online-basierten Videotechnologie und -distribution und hat in der Vergangenheit neben der NFL u.a. OTT Services der NBA, UFC, NHL und MLB gepowert. Mit dem Aufstieg von MLB Advanced Media, die bereits in der Vergangenheit prominenten Teil meiner Quick Hits - Serie waren, hat das Unternehmen allerdings enorme Konkurrenz in den letzten Jahren bekommen und infolgedessen bereits in 2015 mit der NHL einen attraktiven Kunden verloren. Nach dem der Aktienpreis mit der Veröffentlichung dieser Nachricht damals um 66% einbrach, konnte sich die Aktie in 2016 teilweise von diesem Schock erholen. Das Hauptargument damals war, dass die NFL der viel ertragreichere und wichtigere Kunde als die NHL sei und man den Verlust der Eishockeyliga mit neuen Mandaten auffangen könne. Vor dem Hintergrund des Verlusts des NFL-Mandats scheint es nun nur folgerichtig, dass sich Aktienkurs seit Beginn des aktuellen Jahres mehr als halbiert hat.



#2 Amazons TNF Streaming Package: Auf einmal ein mehr als lukratives Geschäft für den E-Commerce Giganten?



Damit kommen wir zu der zweiten News aus der NFL: Mit der Übernahme von Whole Foods hat sich in diesen Tagen mal wieder bewiesen, dass nahezu keine Industrie mehr "un-amazonable" zu sein scheint. Und auch Amazons Vorstoß in das Streaming-Business hatte diese Woche erwähnenswerte Meldungen zu verzeichnen: Das Unternehmen aus Seattle möchte unglaubliche USD 2,8 Mio. pro 30-sekündigen Werbespot im Rahmen ihrer Übertragung von zehn Thursday Night Games in der kommenden Saison verlangen. Um diese Forderungen in Kontext zu stellen: Die nationalen TV-Sender NBC und CBS generieren für derartige Werbespots im Rahmen ihrer nationalen Übertragungen von NFL Spielen Einnahmen in Höhe von ca. USD 550.000 bis 590.000 pro 30 Sekunden. Damit würde Amazon ungefähr das Fünffache verlangen. Die von Amazon erworbenen zehn Spiele in der kommenden Saison werden zudem von einem der beiden angeführten TV Networks (jeweils 5x CBS und NBC) sowie in jedem Fall dem NFL Network parallel im nationalen Fernsehen übertragen. Somit existieren die gleichen Voraussetzungen wie in der vergangenen Saison als Twitter diese sogenannten "Simulcasts" (d.h. 1:1 Übernahme des von CBS bzw. NBC produzierten Programms) weltweit anbieten durfte. NBC und CBS konnten in der letzten Saison den Werbetreibenden jeweils eine durchschnittliche Einschaltquote von 17,0 bzw. 14,9 Mio. Zuschauern für ihre TV-Spots im Rahmen der Thursday Night Games bieten. Obwohl keine offiziellen Abonnentenzahlen für Amazon Prime (USD 99 pro Jahr), eine Voraussetzung um die TNF Games auf Amazon.com verfolgen zu können, vorliegen, gehen Industriekreise davon aus, dass der Online-Retailer bislang ca. 60 Mio. Abonnenten für sich beanspruchen kann.


Vor dem Hintergrund, dass die NFL den Werte des Rechtepakets um 500% steigern konnte im Vergleich zu den USD 10 Mio., die Twitter ein Jahr zuvor bezahlt hatte, kam zum Zeitpunkt der Verkündung des Streaming-Deals mit der NFL schnell die Frage auf, ob das Geschäft für Amazon überhaupt refinanzierbar wäre. Auch die Meinung, dass man die Rechtekosten für Amazon eher unter der Kategorie "Marketingausgaben" verbuchen sollte, erhielt viel Zuspruch und USD 50 Mio. sind letztendlich auch nur ein "drop in the bucket." Die potentielle Akquisition von neuen Prime-Mitgliedern, sich als verlässlicher Partner für die NFL in Zukunft positionieren zu können und eine Menge öffentlichkeitswirksame Berichterstattung durch den Erwerb des Rechtepakets sind nur drei der potenziellen Positiveffekte in diesem Zusammenhang und würde den Druck der direkten Refinanzierung deutlich verringern. Mit den nun ans Licht gekommenen Informationen wollte ich jedoch mal durchspielen, ob eine direkte Refinanzierung durch bloßes Advertising für Amazon doch realistischer ist als ursprünglich gedacht.

Auf den ersten Blick fallen wohl die folgenden Take Aways sofort ins Auge: (1) Sollten sich die Berichte bezüglich des Listenpreis i.H.v. USD 2,8 Mio. bewahrheiten (Reuters hatte die Nachricht in erster Instanz veröffentlicht.) und Amazon diese Forderungen gegenüber den Werbetreibenden tatsächlich durchsetzen können, scheint ein attraktiver ROI außer Frage zu stehen. Gleichzeitig fragt man sich natürlich, wie Amazon damit durchkommen sollte, im Vergleich zu NBC ca. das 540-fache für jeden durch den Ad Spot erreichten Zuschauer fordern zu können. Drei Punkte, die man meiner Meinung nach berücksichtigen muss in diesem Zusammenhang:


1. Der Anteil der Twitter-User, die sich im Durchschnitt das TNF Game auf der Plattform in der letzten Saison angeschaut haben, hat ca. 0,8% betragen - oder ca. 250.000 Average Minute Audience (AMA; vergleichbar mit der Kennzahl der TV-Einschaltquote). Twitter konnte damit zwar unter Beweis stellen, dass es bezüglich der technischen Infrastruktur in der Lage ist, dermaßen reichweitenstarken Content zuverlässig zu distribuieren, die Qualität ist dennoch nicht mit der Amazon Prime Video zu vergleichen. Die geringere Qualität des Twitter-Streams im Vergleich zu Alternativen wie CBS / NBC und dem NFL Network war sicherlich ein Faktor für diese geringe Penetrationsrate. Somit wurde Twitter wohlmöglich nur in Anspruch genommen, wenn die anderen Alternativen für den Endkunden nicht zur Verfügung standen (z.B. außer Haus via mobile Endgeräte). Dementsprechend kann man unter Umständen davon ausgehen, dass die qualitative Ebenbürtigkeit der Streamingplattform von Amazon mit den Alternativen einen Boost der Penetrationsrate bedeuten könnte und man am Ende wieder bei ca. 250.000 bis 300.000 AMA landen könnte. Unter dieser Annahme wäre man "nur" noch bei dem ca. 90-fachen des Ad Spendings per Viewer im Vergleich zu NBC. Nach dem ich einen Report vom Business Insider gefunden habe, dass Amazon Prime mittlerweile mindestens 80 Mio. Abonnenten aufweisen kann und sich diese Zahl innerhalb der letzten zwei Jahre von ca. 40 Mio. auf 80 Mio. verdoppelt hat, kann man zum Zeitpunkt des Beginns der NFL Season im September auch alternativ von 95 Mio. Personen ausgehen, die Zugang zum TNF - Stream hätten. In diesem Fall wären wir bereits nur noch bei ca. USD 35,50 bzw. dem 3,5-fachen der Kosten pro erreichten Zuschauer.


2. Schlussendlich wird sich Amazon (und auch die Werbetreibenden) wohl einfach bewusst sein, dass jeder Viewer auf Amazon Prime um ein Vielfaches mehr Wert ist als der Zuschauer vor dem TV und sich nur einen Klick von einer Buy-Conversion bzw. direkt am Point-of-Sale befindet. Besonders Impulskäufe sollten durch den Rahmen der (hoch-)emotionalen Situation einer Sportveranstaltung profitieren können. Zudem ist zu erwähnen, dass laut dem Artikel von Reuters der 30-sekündigen Spot zwar der Mittelpunkt der angebotenen Werbepakete ist, dennoch sind weitere Werbeplatzierungen auf Amazon.com im Laufe der NFL Saison auch Bestandteil der ausgeschriebenen Pakete. Jedoch würde ich diesen Werbewert nicht von dem Advertising Revenue in meiner Kalkulation abziehen, da man bezweifeln kann, ob es diese Werbeplatzierung ohne den Erwerb des TNF Packages überhaupt geben würde und daraus generierte Einnahmen der direkten Refinanzierung der investierten USD 50 Mio. zuzuordnen sind. Ich bleibe auf jeden Fall gespannt, mit welchen Ideen und Innovationen Amazon und die Werbetreibenden bei der Aktivierung der Werbeplatzierungen daherkommen - ich sehe in diesem Zusammenhang eine Menge Potential.


3. Ein Thema, welches bislang komplett ignoriert wurde im Rahmen der Diskussion über Twitter, Netflix, Amazon, Google etc. als potenzielle Rechteverwerter von Medienrechten im Sport ist das Thema der Produktion. Bislang können die neuen Player das von den TV Networks produzierte Signal komplett übernehmen und sparen im Fall der NFL damit gewaltige Kosten i.H.v. ca. USD 8 Millionen pro Spiel. Allerdings ist nicht allen dieses am Horizont wartende Problem für Amazon & Co. entgangen. Da ich aber auch in absehbarer Zukunft (z.B. Ausschreibung der Rechte für den Zyklus in der NFL ab 2021/22) keine exklusiven Mandate der digitalen Playern sehe, sollten sich Amazon & Co. erstmal noch nicht um eigene Kommentatorenteams, Produktionsexpertise für Sportereignisse und entsprechendes Equipment kümmern müssen.


Das zweite Take Away, das ich mitgenommen habe, hat mich erstaunt: (2) Mir ist bewusst, dass die Kalkulation stark vereinfacht ist und auf jede Menge Annahmen und vereinzelt auch auf nicht validierbare Quellen basiert. Daher würde ich mich sehr über Feedback, Einwende und Verbesserungsvorschläge freuen. Ich habe nicht für jede Annahme eine Quellenangabe gemacht, aber falls es diesbezüglich Rückfragen geben sollte, let me know! Nichtsdestotrotz war ich überrascht, dass ich für NBC ziemlich genau auf einen Break-Even für ihr Investment im Rahmen der TNF Games gekommen bin. Die TV Networks werden die Rechtesummen, die sie bereit sind zu zahlen, auch auf Basis von internen Rechnungen durchspielen: Zumindest nach meiner Rechnung, ist Comcast mit den bezahlten USD 225 Mio. pro Jahr an die absolute Schmerzgrenze gegangen.


Insgesamt müssen sich TV Networks wie CBS, NBC, FOX und ESPN in den USA oder auch Sky in Deutschland bewusst sein, dass sie gegenüber Amazon in einem ungleichen Wettbewerb stehen. Der E-Commerce Gigant aus Seattle hat - auch im Vergleich zu anderen digitalen Playern wie Netflix, Twitter oder MaxDome - weitaus mehr Möglichkeiten und Wege, erworbene Medienrechte im Sport zu refinanzieren. Folglich könnte es am Ende eine Frage des Business Models sein, warum Amazon und Google die Rechteinhaber der Zukunft im Sport sind. Sie werden durch die Vielzahl ihrer Geschäftsfelder in der Lage sein, Live-Sport stärker zu monetarisieren und somt schlicht und einfach höhere Rechtesummen bieten können.


Das unmittelbare Ende des traditionellen TVs bedeutet dies aber noch nicht. Die jeweiligen Einschaltquoten zeigen eindeutig, dass TV immer noch das dominierende und präferierte Medium ist. Das ist und wird meiner Meinung nach vor allem bei Live-Sport in der vorhersehbaren Zukunft auch so bleiben. Deswegen möchte ich zum Abschluss noch eine interessante Statistik (links) mit euch teilen, die mir bei Twitter über den Weg gelaufen ist.


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